Zumindest kleine Wunder.
Ich habe mich vor ein paar Tagen auf eine Teilzeitstelle als „Assistentin des Vize-Präsidenten“ über einen Personalvermittler beworben. Gestern bekam ich eine Absage mit einer Begründung, die ich absolut nicht verstanden habe. Alle geforderten Voraussetzungen waren meinerseits erfüllt und trotzdem sollte ich nicht in die Auswahlkriterien für diese Stelle passen.
Ich habe mich dann hingesetzt und folgende E-Mail geschrieben:
„Sehr geehrte Frau …
ich bedanke mich herzlich für Ihre Antwort auf meine Bewerbung.
Die Begründung kann ich allerdings nicht ganz nachvollziehen und bitte Sie dabei um Ihre Hilfe:
Als frühere Management- und Vorstandsassistentin war meine Aufgabe die Geschäftsführung und den Vorstand zu unterstützen, Reiseplanungen und die entsprechende Kostenabrechnung durchzuführen, den Schriftverkehr zu erledigen und sämtliche administrativen und organisatorischen Arbeiten zu übernehmen. Englisch spreche ich sehr gut, MS Office nutze ich seit über 10 Jahren und selbstständiges Arbeiten ist für mich eine Selbstverständlichkeit.
Wie kann man dem Stellenprofil, welches Sie auf der Jobbörsen-Seite der Arbeitsagentur veröffentlicht haben, in einem noch höheren Maß entsprechen?
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar, dass Sie mir überhaupt geantwortet haben – viele machen heutzutage noch nicht einmal mehr dies – aber ich würde wirklich gerne wissen, warum mein Profil nur unzureichend auf Ihr Stellenangebot passen soll.
Ich hoffe Sie nehmen mir meine hartnäckige Nachfrage nicht übel.
Mit freundlichen Grüßen, …“
Wirkliche Hoffnung, dass man darauf reagiert hatte ich nicht, aber heute Nachmittag passierte eben doch das kleine Wunder! Die sehr nette Frau S. vom Personalvermittler rief mich an und erläuterte mir was genau die zwei Probleme wären. Die konnten wir einigermaßen aus der Welt räumen und die Absage wurde zurückgezogen. Ich bin also wieder im Rennen! Ob ich nun überhaupt eine Einladung des Kunden zu einem Vorstellungsgespräch bekomme, steht natürlich in den Sternen, aber manchmal soll man eben nicht so schnell aufgeben!
Und das ist auch der Grund, weswegen ich darüber schreibe. Nicht jede Absage ist immer endgültig. Wenn man freundlich um Hilfe und Erklärung bittet, sein Können nochmal mit dem Anforderungsprofil abgleicht und dann der Überzeugung ist, dass es eigentlich passen müsste, sollte man den Mut haben doch noch mal nachzufragen. Man kriegt eventuell keine Antwort, weil es an Dingen liegt, die der Arbeitgeber gar nicht nennen darf um nicht mit dem Arbeitsgesetz in Konflikt zu kommen aber vielleicht kommt doch eine Antwort und man kann Ungereimtheiten aus dem Weg räumen.
Man darf nicht vergessen, dass die Personaler „lediglich“ die Eckdaten abgleichen und gar nicht die Zeit haben alles genau zu hinterfragen. Bei mir war es das Datum des Arbeitsbeginns, das nicht passte. Doch in dem Telefonat konnte ich Frau S. sagen, dass ich es auch nach vorne verlegen kann und warum ich den 01.10. angeben musste! Damit war der Weg frei um weitere kleine Unklarheiten zu beseitigen. Und am Ende hatte Frau S. den Mut und hat die Absage zurück gezogen und wird mein Profil Ihrem Kunden nun vorlegen. Und das finde ich wirklich Klasse!!
Liebe Frau Olsen,
ich gestehe hiermit jede Absage einer Bewerbung zu hinterfragen.
Weniger wegen der Absage selbst sondern schlicht des Verständnisses wegen – wie Sie auch schon schilderten. Ich bewerbe mich ja nicht aus Langeweile auf eine Position, sondern im Glauben dieser Anforderung gewachsen zu sein. Und wenn nun gegenteiliges Beschieden wird, möchte ich das verstehen. Einfach auch um daraus zu lernen und für die Zukunft evtl. Stolpersteine gar nicht erst in den Weg zu legen.
Ihnen wünsche ich viel Erfolg im weiteren Verlauf. Glück brauchen Sie ja wohl keines
Ich denke, deine Reaktion zeugt auch von deinem Willen, diese Stellen wirklich haben zu wollen und nicht nur vom Arbeitsamt irgendwelche Adressen vorgelegt bekommen zu haben. Kann also nur positiv sein. Gratuliere zum Stapelwechsel.
Das ist es, was ich immer wieder meinen Zuhörern in den Seminaren erkläre: Nachfassen! Nichts einfach so schlucken, sondern fragen, warum eben jene Entscheidung gefallen ist.
Schließlich hat man (oder frau) als Bewerber/in nichts zu verlieren und kann nur wieder in den Bewerberpool zurück kommen. Oft ist es nur ein falsches Foto, ein falscher Eintrittstermin oder die Annahme, man würde eben nicht eine Stunde zur Arbeit hinfahren wollen.
Häufiger Fehler von Personalern ist das Denken für den Bewerber, die Transferierung eigener Vorannahmen auf den, der die Arbeit haben will.
Natürlich wird mir niemand ins Gesicht sagen, ich wäre schlichtweg zu alt. Schließlich ist niemand so irre und lässt sich auf das Risiko einer Klage ein. Doch wer mir glattweg sagen kann, ich hätte gegen 650 Bewerber unter 30 bestehen müssen, der war wenigstens ehrlich.
Nachfragen hilft auch, die möglichen Fehlerquellen zu beseitigen. So war es einmal recht witzig, dass ich durch meine Telefonstimme zu einem Gespräch eingeladen wurde, das ich ohne einen Anruf von mir nicht bekommen hätte. „Ich wollte wissen, wie der Mann hinter dieser Stimme sich gibt.“. Leider zahlten sie zu wenig, sonst hätten sie meine Stimme für länger genießen können. Ohne einen Anruf wäre ich niemals eingeladen worden.
Ich telefoniere auch Bewerbungen hinterher. Eben drum!
@ Heiko: Lieber Herr Kanzler, zwischen „hinterfragen“ und den Absagenden diesbezüglich kontaktieren besteht ein Unterschied. Ich hinterfrage auch jede Absage, aber ich gehe nicht jeder nach.
Also stellt sich mir jetzt die Frage, ob Sie bei jeder Absage den Absagenden kontaktieren? Und falls ja, wäre es sicher interessant mal zu hören/lesen, wie die Leute im Allgemeinen darauf reagieren.
Normalerweise bewirbt man sich natürlich nicht „aus Langeweile“, aber manchmal bekommt man Bewerbungen von der Arbeitsagentur vorgeschrieben, bei denen man von vornherein weiß, dass sie vergebene Mühe sind. Sei es durch die Bedingung von nicht beherrschten Fremdsprachen wie Russisch, oder die Anwendung von Software, mit der man nie vorher gearbeitet hat.
Glück kann man nie genug haben!!
@ Tom: Ach Tom, du kennst doch meine lange Leitung! Was meinst du denn jetzt mit dem „Stapelwechsel“?
Eigentlich wollte ich wirklich hauptsächlich wissen, was da falsch gelaufen ist. Als ich dann im Gespräch hörte um welche Firma es sich handelt, war ich doppelt froh, nochmal nachgehakt zu haben.
@ CeKaDo: Ich finde das Nachfassen nicht ganz einfach: Es erfordert einiges an Mut, Vertrauen in sein eigenes Können und die Kraft sich auch eine derbe Abfuhr einzuhandeln. Das hat nicht jeder. Vor allem Menschen die schon etwas länger Arbeitslos sind (aber arbeiten wollen!!) sind häufig demotiviert und verlieren das Vertrauen in ihre Fähigkeiten.
Auch der Aussage, dass man nichts zu verlieren hat, stimme ich nicht ganz zu. Wieviele Stellenausschreibungen laufen heute über die Zeitarbeit bzw. über Personalvermittler? Für mich sind es gefühlte 95%. Wenn ich mit meine Nachfrage dort an jemanden gerate, der mit dem falschen Fuß aufgestanden ist oder der meine Nachfrage als persönliche Belästigung auffasst, bei dem brauche ich mich auf die nächsten Stellenanzeigen nicht mehr bewerben.
Ich hatte gerade so einen Fall: Bei meiner letzten Stellensuche hatte ich Kontakt mit einem regionalen Personalvermittler. Das ist damals aber nichts geworden, doch wir hatten über die Zeit hinaus bei Xing „Kontakt gehalten“.
Nachdem mir nun eröffnet wurde, dass meine Teilzeitstelle in eine Vollzeitstelle umgewandelt wird und ich das zeitlich nicht schaffen kann, habe ich mich an ihn gewandt und ihn gebeten, mir doch Bescheid zu geben, falls er etwas für mich im Angebot hätte.
Er bat mich zum Gespräch und bot mir eine Stelle in seiner Firma an. Allerdings sollte ich vorher ein paar Stunden probearbeiten um mir sicher zu sein, dass ich die Stelle auch wirklich haben wollte. Ich fand das Angebot auch absolut toll! Die Firma ist gleich um die Ecke, eine tolle Arbeitszeit und nette Leute dort. Aber dann ging’s los. ‚Zig mal habe ich dort angerufen um einen Termin zum Probearbeiten auszumachen, habe Mails und SMS’en geschrieben. Zweimal bekam ich per Mail und per SMS die Antwort er würde sich dann und dann melden. Nix! Gar nichts ist passiert! Und irgendwann fragt man sich einfach nur was das soll! Ich war nachher einfach nur gefrustet und habe ihm eine entsprechende Nachricht über Xing zukommen lassen. Das habe ich aber nur, weil mir durch sein Verhalten potentiellen Arbeitnehmern gegenüber (also den Leuten, die für sein Gehalt sorgen), klar war, dass ich nicht für so ein Unternehmen arbeiten möchte! Dumm nur, dass er die genialsten Jobs in der Automotive-Branche hat. Aber da muss ich nun mit leben!
Mittlerweile ist die Bewerberei verdammt schwer und mühsam geworden. Früher bekam man bei einer Absage die Unterlagen wenigstens noch zurück. In 7 von 10 Fällen melden sich die Personaler heute schon gar nicht mehr.
Irgendwann hatte ich mich bei einer Firma beworben und nachdem ich ca. 4 Wochen nichts gehört hatte, habe ich dort angerufen und mir wurde mitgeteilt, dass die Stelle schon besetzt sei. Als ich nach meinen Unterlagen fragte, kam die Antwort, dass man dort auf die Anrufe warten und dann erst die Bewerbungsunterlagen zurückschicken würde. Halloooo, was ist das denn?
So, das war jetzt ein ziemlich langer Kommentar. Aber ich denke, dass Thema ist auch wichtig genug um es ausführlich zu behandeln….
@Frau Olsen: du musst bildlich denken. Deine Bewerbung ist vom Stapel der Ablehnungen auf den Stapel der Weiterleitungen gerutscht. :)
Und was den Xing-Menschen angeht. Man muss man selbst bleiben dürfen, auch wenns dadurch nicht einfacher wird. Man kann sich nicht immer anpassen und verstellen, nur weil man etwas erreichen will. Das klappt nur über eine bestimmte Zeit. So hast du richtig gehandelt, auch wenn du dadurch momentan vielleicht Nachteile hast.
Also ich muß gestehen, dass ich in meinem Leben bei einer Absage noch nie nachgefragt habe, was denn der Grund dafür war, allerdings habe ich auch nicht viel Erfahrung damit, da ich nun mittlerweile 10 Jahre in ein und der selben Firma arbeite. Ich weiß auch nicht, ob ich den Mut hätte, nochmal nachzufragen, aber ich kann nur sagen Hut ab Frau Olsen
Ich weiß, wie schwer es ist, die Motivation und den Mut zu bekommen. Es braucht dazu viel mehr, als nur ein paar Worte, wem sagst Du das.
Allerdings ist natürlich auch nicht jeder Mensch bereit, sich auf ein Motivationstraining und einen Aufbau des Selbstbewußtseins einzulassen. Ich habe bei manchen meiner Teilnehmer allein schon vier Wochen gebraucht, bis sie auch nur meiner Einladung gefolgt sind.
Es ist zugegeben schwer, in dieser wahrhaft beschissenen Arbeitgeber- und Zeitarbeitsmentalität noch den Kopf hoch zu halten, um nicht auch noch den letzten Rest Selbstwertgefühl zu verlieren. Meine Kollegen, die ehemals aus der Zeitarbeit stammten, würden dort nur im äußersten Notfall wieder hingehen. Wegen der menschenverachtenden Tätigkeit. Das sagte mir viel.